Universität Bielefeld - Technische Fakultät

6. Verbreitung von URTs

Da nun alle Informationen, die eine Ressource eindeutig beschreiben, in einem URT zusammengefaßt sind, besteht nur noch das Problem, diesen allgemein zugänglich zu machen. Verfahren wie archie oder Veronica, bei denen Server in regelmäßigen Abständen nach neuen Ressourcen abgesucht werden, haben einige Nachteile:

Das Ziel ist also ein Verfahren, daß möglichst viele Informationen bei möglichst geringer Netzauslastung übertragen kann.

6.1 Resource Transponder

Die Idee ist eigentlich recht naheliegend: Information wird nur dann übertragen, wenn es erforderlich ist. Das heißt, wenn sich Informationen zu einer Ressource ändern, muß dies mitgeteilt werden. Der Trick ist jetzt, daß die Ressource diese Aufgabe selbst übernimmt. Dazu ist sie mit einem Sender, dem Resource Transponder verbunden. Jedesmal, wenn sich der ihr zugehörige URT ändert, sendet der Transponder ihn in das Netz. Der URT kann dann von geeigneten Rechner, in denen diese Informationen gesammelt werden, aufgefangen und ausgewertet werden.

Die abgestrahlten URTs werden dann von einem oder mehreren Rechnern aufgefangen und so aufgearbeitet, daß Benutzer in diesen Informationen gezielt nach Ressourcen suchen können. Das gesamte Netzwerk würde dann die in Abbildung 2 gezeigte Struktur erhalten. Informationen können nur auf den gezeigten Verbindungen weitergegeben werden. Erst wenn eine gewünschte Ressource gefunden wurde, nimmt die oberste Schicht direkt Verbindung mit der Ressourcen-Ebene auf.

Abildung 2: Schema der Weitergabe von Ressource-Informationen

6.1.1 Die Ressourcen-Ebene

Auf der untersten, der ersten Ebene befinden sich die eigentlichen Ressourcen. Untrennbar mit jeder einzelnen Ressource verbunden ist ihr URT, der alle wichtigen Informationen enthält, die öffentlich bekannt gemacht werden sollen. Außerdem ist ein Transponder direkt mit der Ressource verknüpft, der immer dann sendet, wenn die Ressource verändert wird. Dies kann mehrere Gründe haben:

Unter Umständen könnte es sich als sinnvoll erweisen, einen Transponder von außen zum Senden anregen zu können. Falls ein Rechner der zweiten Ebene sicher ist, eine inkonsistente Datenbank zu haben, könnte er gezielt seine Informationen auffrischen, und müßte nicht erst auf den nächsten Sendevorgang der Ressource warten.

In einer Weiterentwicklung des gesamten Konzeptes wird der Transponder durch einen Agenten ersetzt, der weiterhin Informationen aussendet. Aber dieser Agent hat auch die Aufgabe, Zugriffe auf die Ressource zu koordinieren, d.h. insbesondere nur solchen Personen Zugriff zu gewähren, die dazu eine Erlaubnis haben. Auf diese Weise könnte die Sicherheit von Ressourcen im Netz stark erhöht werden.

6.1.2 Das Resource Location System

Auf der zweiten Ebene befindet sich das Resource Location System (RLS). Seine Aufgabe besteht darin, gegebene URNs in zugehörige URLs umzuwandeln. Dazu wertet es die ankommenden URTs der Ressourcen aus und legt die URNs und URLs im wesentlichen in einer großen Tabelle ab. Die anderen Informationen, die in den URCs enthalten sind, werden an die dritte Ebene weitergereicht.

Wenn nun ein Benutzer Zugriff auf eine Ressource haben möchte, zu der er nur den URN hat, kann er hier einen oder mehrere URLs ermitteln. Er erhält aber keine weiteren Informationen über die Ressource. Dies erledigt die nächste Ebene.

6.1.3 Das Resource Discovery System

Auf der dritten Ebene befindet sich das Resource Discovery System (RDS). Es stellt vermutlich den mächtigsten Teil des ganzen Systems dar. Seine Aufgabe besteht darin, die URCs der Ressourcen zu archivieren. Wenn ein Benutzer ein Programm sucht, zu dem er einen URN hat, kann er hier genauere Informationen erhalten. Insbesondere kann er sich die URCs ansehen.

Der eigentliche Sinn des RDS besteht darin, daß es möglich sein soll, Querverweise zu verwandten Ressourcen zu finden. Auf diese Weise wären umfangreiche Recherchen im Netz möglich. Der Benutzer bräuchte nur noch einen Suchbegriff angeben, worauf er eine Reihe von URNs erhält, die Informationen zu diesem Begriff enthalten. Somit könnte man nicht nur nach allen ftp-baren Dateien zu einem Thema suchen, sondern man würde automatisch alle gopher-Server, WWW-Hypertextseiten und WAIS-Datenbanken zu einem bestimmten Thema erhalten.

Teilweise ist die Funktionalität der Ebenen zwei und drei die selbe, nämlich zu einem URN passende URLs bzw. URCs zu liefern. Daher liegt es nahe, die beiden Dienste zusammenzufassen. Ein Grund, dies im Augenblick nicht zu tun, ist die technische Machbarkeit der dritten Ebene. Die zweite Ebene kann relativ leicht durch das X.500-Protokoll realisiert werden, dies würde aber nicht die Funktionalität der dritten Ebene liefern. Daher wird vermutlich erst einmal das RLS realisiert werden, und das RDS wird dann später eingerichtet.

6.1.4 Die Client-Programme

Auf der obersten Ebene befinden sich die derzeit bekannten Systeme, die einen Zugang zu den verschiedenen Netzdiensten ermöglichen. Vermutlich werden neue Dienste dazukommen, um alle Möglichkeiten wirklich ausschöpfen zu können.

Falls lediglich ein bekannter URN in einen URL umgewandelt werden muß, können die bestehenden Programme relativ einfach darauf umgestellt werden. Insbesondere WWW-Clients wie Mosaic bieten sich hier an, da sie bereits jetzt eine Reihe von Protokollen darstellen können. Der Zugriff auf das RLS könnte für den Benutzer völlig unsichtbar verlaufen, falls nur ein Ort für eine Ressource gefunden wurde. Sonst könnte erst eine WWW-Seite mit Links zu allen gefunden Ressourcen gezeigt werden, von der der Benutzer dann die gewünschte auswählt. Die Funktionsweise von Mosaic würde sich dabei aus der Sicht des Benutzers nicht wesentlich ändern.

6.2 Eine mögliche Realisierung

Wenn sich die Systeme RLS und RDS prinzipiell realisieren lassen, stellt sich immer noch die Frage, wie sie dann aufgebaut sein sollen. Als mögliche Betreiber dieser Systeme würden sich natürlich die Verlage anbieten, die die Ressourcen zur Verfügung stellen.

Interessant ist auch, ob es ein universelles System geben soll, das alle Ressourcen verwaltet, oder ob es mehrere getrennte Systeme geben soll. Es wurde vorgeschlagen, Resource Discovery Systeme für spezielle Themengebieten einzurichten. Ein oberstes System könnte dann eine Anfrage an ein geeignetes RDS weiterreichen. Auf diese Weise würde ein RDS-Server selbst zu einer Ressource werden. Das Verfahren ist dann ähnlich wie unter WAIS, wo die oberste Datenbank spezialisierte WAIS-Server kennt, an die der Benutzer weitervermittelt wird.


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Jörn Clausen, 1994-10-06